Zum Bebauungsplanes Nr. 108 der Stadt Schleswig wurde eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt. In ihr wurden die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB und nach § 1a BauGB die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen der Planung ermittelt und in einem Umweltbericht (siehe Teil II der Begründung) beschrieben und bewertet.
Vorhaben
Die Abfallwirtschaft Schleswig-Flensburg GmbH unterhält im Haferteich, Stadt Schleswig, eine Betriebsstätte für Abfallumschlag, Behältermanagement, Recyclinghof und Logistik und beabsichtigt die Betriebsstätte zu erweitern. Für dieses Vorhaben stellt die Stadt Schleswig den Bebauungsplan Nr. 108 "Gebiet nördlich der Bundesstraße 201, östlich der Photovoltaikanlage und westlich der Straße Haferteich" auf.
Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen
Die Umweltprüfung erfolgte unter Betrachtung der im BauGB aufgelisteten Umweltbelange. Der Umweltbericht stellt die Ergebnisse entsprechend der Vorgaben der Anlage 1 BauGB zusammen.
Derzeitiger Zustand der Umwelt und Prognose der zukünftigen Entwicklung
Als zentraler Aspekt des Umweltberichtes erfolgt eine Beschreibung und Bewertung des derzeitigen Umweltzustandes der Belange Fläche, Boden, Wasser, Klima, Luft, Pflanzen, Tiere, Biologische Vielfalt, Landschaft und Menschen sowie Kulturgüter und Sachgüter. Auf der Basis vorhabenspezifischer Wirkfaktoren werden die potenziellen Auswirkungen des Vorhabens auf diese Umweltbelange sowie deren Wechselwirkungen beschrieben und deren Erheblichkeit bewertet. Zudem wird die Entwicklung gegenüber weiteren Belangen, wie Schutzgebieten und -objekten, Plänen, Vermeidung von Emissionen, Nutzung erneuerbarer Energien, schwere Unfälle und Katastrophen, Eingriffsregelung und Maßnahmen bezüglich des Klimawandels geprüft. Anschließend folgen Aussagen über Maßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich von nachteiligen Auswirkungen und eine Beschreibung und Bewertung anderweitiger Planungsmöglichkeiten. Folgende Inhalte sind von Bedeutung:
Derzeitiger Zustand der Umwelt: Das Plangebiet umfasst das Gelände des bestehenden Betriebshofs der ASF sowie Teile einer Knicklandschaft mit intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen, Brachflächen und einem Waldstück.
Das Relief des betroffenen Raums ist stark bewegt. Ausgeprägte Kuppen- und Senkenlagen sorgen für eine Vielfalt des Landschaftsbildes. Im Norden liegt der Betriebsstandort der ASF mit dazugehörigen Flächen zur Oberflächenwasserbewirtschaftung (Regenklär- und Regenrückhaltebecken). In der südlich anschließenden Feldflur sind Gehölzbestände verschiedener Ausprägung und Herkunft vorhanden. Hierzu zählen flächenhafte Feldgehölze, ein Waldstück, Knicks, Neuanpflanzungen und Altbaumbestände. Die Flurstücke der Knicklandschaft werden im Süden intensiv landwirtschaftlich genutzt. Im Norden und Osten ist ein Mosaik aus verbrachendem Mesophilen Grünland, Ruderalvegetation und Feuchtvegetation (Röhricht) in einer Senkenlage vorhanden. Hinsichtlich der Tierwelt wird das Plangebiet in erster Linie durch verschiedene gehölzbrütende Vogelarten gekennzeichnet. Zudem bestehen Lebensraumfunktionen für Fledermäuse und als Landlebensraum des Kammmolchs.
Bewertung: Der Plangeltungsbereich besitzt derzeit für Teilaspekte der Umweltbelange Fläche (naturnahe Landschaftsteile im mittleren Plangebiet), Pflanzen (Wald, Mesophiles Grünland, Röhrich, Knicks, Feldgehölze, prägende Bäume, Ruderalvegetation), Tiere (Kammmolch), biologische Vielfalt (Mosaik naturnaher Vegetationstypen im mittleren Plangebiet), Landschaft (reliefreiche Knicklandschaft mit z.T. naturnahen Flächen) und Mensch (sieldungsnahe Erholungslandschaft) besondere Bedeutung. In anderen Teilaspekten besitzen die genannten Umweltbelange, sowie auch die Umweltbelange Boden, Klima, Luft, Kulturgüter und sonstige Sachgüter, allgemeine Bedeutung.
Prognose bei Nichtdurchführung des Vorhabens: Ohne den Bebauungsplan Nr. 108 ist eine zukunftssichere Entwicklung des Betriebsstandorts der ASF nicht möglich.
Prognose erheblicher Auswirkungen bei Durchführung des Vorhabens: Im Rahmen der Umweltprüfung wurden mögliche erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter Wasser (Wasserhaushaltsbilanz nach A-RW 1), Pflanzen (Verlust von Vegetation besonderer Bedeutung) und Landschaft (Überplanung einer gut ausgebildeten historischen Knicklandschaft) ermittelt.
Weitere Umweltbelange und Prognose der zukünftigen Entwicklung
Natura 2000: Natura 2000-Gebiete sind vom Vorhaben nicht betroffen.
Anderweitige naturschutzrechtliche Schutzgebiete und-objekte: Im Plangebiet sind folgende weitere Schutzgebiete und -objekten vorhanden: ein Naturpark, Gesetzlich geschützte Biotope, Ausgleichsflächen und Ausgleichsknicks, besonders geschützte Arten und streng geschützte Arten. Bezüglich Eingriffen in gesetzlich geschützte Biotope sind bei Eingriffen Befreiungen gemäß § 67 BNatSchG zu erwirken. Im Rahmen der Abarbeitung der Eingriffsregelung wird auch ein Ausgleich von Verlusten vorhandener Ausgleichsflächen und Ausgleichsknicks erwirkt. Ein Eintreten artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände kann im Rahmen der Vorhabenumsetzung durch geeignete Maßnahmen vermieden werden.
Anderweitige Pläne: Die Festsetzung von Bauflächen weicht von den Darstellungen örtlicher Planungen ab. Ein anderweitiger Standort stand für das geplante Vorhaben allerdings nicht zur Verfügung.
Vermeidung von Emissionen und Nutzung erneuerbarer Energien: Für das geplante Vorhaben wird zur Vorhabenumsetzung ein Genehmigungsverfahren nach BImSchG durchgeführt. Der Einsatz von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien wird im Rahmen der Dachflächenplanungen angestrebt.
Anfälligkeit für schwere Unfälle und Katastrophen: Eine besondere Anfälligkeit für schwere Unfälle und Katastrophen wird nicht ausgelöst.
Eingriffsregelung: Der Bebauungsplan bereitet Entwicklungen neuer Bauflächen vor. Hierdurch werden Eingriffe in Natur und Landschaft ausgelöst. Es sind Eingriffe in den Boden und in Vegetationsbestände besonderer Bedeutung (Gehölze, Knicks, Mesophiles Grünland, Ruderalvegetation, Röhricht) zu erwarten. Die Kompensation erfolgt im Plangebiet durch die Entwicklung von Extensivgrünland, die Anpflanzung von Gehölzen, die Herstellung eines Feuchtbiotops und die Anlage von Knicks. Restbedarfe werden auf externen Flächen durch Abbuchungen aus Ökokonten und die Herstellung weiter Gehölzanpflanzungen gedeckt.
Maßnahmen bezüglich des Klimawandels: Mit der Ermöglichung kompakter Gebäudekörper, die Anpflanzung von Gehölzen und die Anlage von Extensivgrünlandflächen wird Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, sowie Maßnahmen, die der Anpassung an den Klimawandel dienen, Rechnung getragen.
Maßnahmen zur Vermeidung und zum Ausgleich von nachteiligen Umweltauswirkungen: Durch eine Reihe an Festsetzungen können mögliche nachteilige Umweltauswirkungen verringert werden. Hierunter fallen u.a. Festsetzungen zur Erhaltung von Gehölzen und Knicks, die Anlage einer Grünfläche zur Versickerung von Regenwasser, die Herstellung von Extensivgrünland einschließlich der Anlage eines Feuchtbiotops.
Anderweitige Planungsmöglichkeiten: Anderweitige Planungsmöglichkeiten, die zu maßgeblichen Verringerung von nachteiligen Umweltauswirkungen führen würden, wurden nach Prüfung im Ergebnis nicht gefunden.
Zusätzliche Angaben
Technische Verfahren und Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung: Der Umweltbericht wurde nach den Vorgaben der Anlage 1 zu § 2 Abs. 4 und § 2a BauGB zusammengestellt. Die Bewertung erfolgte verbal argumentativ. Die vorliegenden Geländeerfassungen, vorhandenen Daten und vorhabenbezogenen Gutachten reichen für eine Beurteilung der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen aus.
Überwachung: Die Stadt Schleswig überwacht, dass eine Umweltbaubegleitung durchgeführt wird und die Maßnahmenflächen im Plangebiet vorgabengerecht entwickelt und gepflegt werden.
Eingriffsregelung
Gemas § 1a Absatz 3 BauGB sind die in §§ 13-15 BNatSchG genannten Erfordernisse zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen sowie zum Ausgleich nicht vermeidbarer erheblicher Beeinträchtigungen (Eingriffsregelung) in der Abwägung zu berücksichtigen.
Der Bebauungsplan Nr. 108 ermöglicht eine Entwicklung baulicher Anlagen. Da die neuen Bauflachen einen Verlust von Bodenfunktionen und die Beseitigung von Vegetationsbestanden besonderer Bedeutung ermöglichen, werden mit dem Bebauungsplan Eingriffe in Natur und Landschaft vorbereitet.
Die gemäß BauGB zu beachtenden Regelungen zum Thema Eingriff und Ausgleich sowie deren Berücksichtigung im Rahmen des Vorhabens werden in einem gesonderten Landschaftspflegerischen Fachbeitrag (BHF 2023) erläutert. Die Abarbeitung der Eingriffsregelung erfolgt gemäß der Anlage des Gemeinsamen Runderlasses "Verhältnis der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zum Baurecht" (IM und MELUR 2013). Die hierin dargestellten Inhalte zur Vermeidung und zum Ausgleich von Eingriffen werden im Folgenden vorgestellt.
Vermeidung von Eingriffen
Der Landschaftspflegerische Fachbeitrag beschreibt folgende Vermeidungsmaßnahmen:
- Die Gebäudehöhen werden durch Festsetzungen auf ein Höchstmaß begrenzt (Schutz des Landschaftsbildes)
- Am Rand des zukünftigen Betriebsgeländes bleibt ein Saum aus Gehölzbeständen erhalten (Emissionsschutz, Schutz des Landschaftsbildes)
- Das Waldstück an der Bundesstraße 201 bleibt vollständig erhalten. Zu diesem Waldstück und einer weiteren Waldfläche, die sich östlich des Plangebiets befindet, werden mit baulichen Anlagen die erforderlichen forstrechtlichen Waldabstände eingehalten
- Eine in die Sondergebietsflächen hineinragende Reihe aus alten Knicküberhältern wird zur Erhaltung festgesetzt (Schutz von Pflanzen, Tieren und des Landschaftsbildes)
- Knickbeseitigungen wurden auf Bereiche der benötigten Bauflächen und Anbindung der Bauflächen untereinander sowie einer anstehenden Verbreiterung der Straße Haferteich begrenzt (Schutz von Pflanzen und Tieren, Biotopschutz)
- Knicks und Feldgehölze werden gegenüber dem Sondergebiet mit Saumstreifen versehen (Schutz von Pflanzen und Tieren, Biotopschutz)
- Die Funktion als Kammmolch- und Moorfroschlebensraum bleibt durch die Entwicklung von Maßnahmenflächen und Lenkungsmaßnahmen weiterhin funktionsfähig (Schutz von Tieren, Besonderer Artenschutz)
- Für die Außenanlagen sind insekten- und fledermausfreundliche Leuchtmittel zu verwenden (Schutz von Tieren, Besonderer Artenschutz)
- Zum allgemeinen Schutz von Vegetation während der Bauphase gilt die DIN 18820 "Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen
- Zum Schutz von Boden und Wasser im Rahmen der Bauphase gilt die DIN 19731 "Bodenbeschaffenheit - Verwertung von Bodenmaterial".
Ausgleich von Eingriffen
Überschlägig werden durch die Festsetzungen im Plangebiet gegenüber der aktuellen Situation rund 2,5 ha Neuversiegelung und die Beseitigung von 1,8 ha Vegetation besonderer Bedeutung sowie die Beseitigung/Beeinträchtigung von 460 m Knick ausgelöst. Als aktuelle Situation gilt gemäß Eingriffsregelung der aktuelle Umweltzustand im bisher unbeplanten Bereich.
In der folgenden Tabelle sind die ermittelten Eingriffe, der ermittelte Ausgleichsbedarf und durch Festsetzungen gesicherten Kompensationsmaßnahmen gegenübergestellt.
Übersicht über Eingriffe und Ausgleich
Eingriffe | Ausgleichsverhältnis | Ausgleichs-bedarf | Ausgleich/ Ersatz |
Neuversiegelung
24.820 m² | 1 : 0,5 | 12.460 m² | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: 12.460 m² Extensivgrünland
Þ vollständig kompensiert |
Eingriffe in Knicks 330 m Beseitigung 130 m Entwidmung | 1:2 1:1 | 790 m Knickneuanlage | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: Neuanlage von 400 m Knick
- Außerhalb des Plangeltungsbereichs: Abbuchung von 390 m Knick aus einem Knickökokonto in Rabenkirchen-Faulück
Þ vollständig kompensiert |
Beseitigung von Gehölzen Gehölz und Gebüsch
1.200 m² Gehölz mit Bäumen
190 m² |
1:1 1:2 | 1.580 m² naturnahes Gehölz | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: 870 m² Gehölzanpflanzung
- Außerhalb des Plangeltungsbereichs: 710 m² Gehölzanpflanzungen in den Gemarkungen Gelting und Kleinvollstedt
Þ vollständig kompensiert |
Beseitigung von Feuchtvegetation 430 m² Röhricht (Überwiegend Biotopschutz) |
1:2 | 860 m² Feuchtbiotop | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: 860 m² Feuchtbiotop im Extensivgrünland
Þ vollständig kompensiert |
Beseitigung von Mesophilem Grünland 6.920 m² (Biotopschutz) |
1:1 | 6.920 m² Mesophiles Grünland | - Außerhalb des Plangeltungsbereichs: Abbuchung 6.920 m² Mesophiles Grünland aus dem Ökokonto Gelting
Þ vollständig kompensiert |
Beseitigung von Ruderalvegetation 9.490 m² | 1:1 | 9.490 m² | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: Entwicklung von 6.380 m² Extensivgrünland
- Außerhalb des Plangeltungsbereichs: Abbuchung von 3.110 m² aus dem Ökokonto Gelting
Þ vollständig kompensiert |
Beeinträchtigung des Landschaftsbildes | pauschal | Neugestaltung der Planungsflächen, sichtschützende Pflanzungen | - Innerhalb des Plangeltungsbereichs: Anlage von Grünflächen als Schutzgrün sowie Gehölzanpflanzungen und Knickneupflanzungen
Þ vollständig kompensiert |
Im Bebauungsplan werden die vorgenannten Angaben durch geeignete Festsetzungen und Zuordnungsfestsetzungen gesichert. Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen im Sinne des § 1a BauGB ist vollständig berücksichtigt.