Planungsdokumente: Vorhabenbezogener B-Plan Nr. 6 der Gemeinde Jagel "Solarpark Selker Weg" für das Gebiet südlich des Selker Weges und nordöstlich der Bahnstrecke Hamburg-Flensburg

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Inhaltsverzeichnis

Begründung

Störungstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG

Vorhabenbedingte Störungen können für Brutvögel durch Beeinträchtigungen während der Bauphase (v.a. Lärmemissionen, Baustellenverkehr, Scheuchwirkungen) hervorgerufen werden. Störungen lösen nur dann einen Verbotstatbestand aus, wenn sie erheblich sind, d. h. sich negativ auf den Erhaltungszustand der lokalen Population einer Vogelart auswirken.

Im Kontext mit Störungen ist zu berücksichtigen, dass die im Plangebiet erfassten Arten infolge der o.g. Bauzeitenregelung während der Bauphase nicht anwesend sind bzw. in ausreichender Entfernung zum Vorhabengebiet brüten. Wie bereits in Kap. 7.2.1 ausgeführt, sind die im Umfeld nachgewiesenen Arten überdies wenig empfindlich gegenüber Störungen.

Das Vorhaben löst somit für die geprüften Brutvögel keinen Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG aus.

Schädigungstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG

Die Planungen sehen vor, im Norden des Plangebietes Knick- und Heckenstrukturen zu beseitigen. Vor dem Hintergrund, dass die Gehölze größtenteils innerhalb des Plangebietes durch Verschieben oder Neuanlage erhalten oder ersetzt werden und weitere Gehölzkompensation außerhalb des Plangebietes stattfindet, ist davon auszugehen, dass die betroffenen Brutpaare auf diese Bestände ausweichen und so den Lebensraumverlust ausgleichen können.

Es kann somit insgesamt davon ausgegangen werden, dass die ökologische Funktionalität der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Gehölzbrüterarten im räumlichen Zusammenhang vollständig erhalten bleibt. Folglich wird das Zugriffsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG nicht berührt.

Die Planungen sehen weiterhin vor, das Plangebiet in weiten Teilen mit PV-Modulen zu bestücken. Hierdurch gehen für empfindliche Arten, die auf offene, weitläufige Habitate angewiesen sind und PV-Tische als störend empfinden, Bruthabitate verloren. Der Fasan kommt durchaus in halboffenen Landschaften mit Gehölzen vor, brütet bevorzugt in höherer Vegetation und auch in Kontakt zu Gehölzen. Die Art reagiert daher nicht empfindlich auf die Überbauung mit PV-Modulen.

Anders verhält es sich bei den weiteren Bodenbrüterarten Feldlerche, Kiebitz und Flussregenpfeifer, die auf Offenland angewiesen sind und einen artspezifischen Meideabstand zu vertikalen Strukturen wie Wald- und Gehölzrändern, hohen Gebäuden und Hochspannungs-Freileitungen halten (z. B. SCHLÄPFER 1988, SCHREIBER & UTSCHICK 2011, CSIKÓS & SZILASS

2021, GLESENER et al. 2023). Zwar zeigt der aktuelle Kenntnisstand, dass z. B. die Feldlerche eine generelle Verbreitung in Solarparks aufweisen kann (HERDEN et al. 2009, LIEDER & LUMPE 2012, PESCHEL et al. 2019). Es wird aber deutlich, dass Vorkommen und vor allem höhere Dichten nur in Parks mit größeren Abständen zwischen den Modulreihen (> 3 m) ermittelt wurden. Dieser Befund wird gestützt durch eigene aktuelle Beobachtungen, bei denen im Bereich einer PV-Anlage auf einer ehemaligen Mülldeponie Feldlerchen im Bereich der dicht stehen- den Module gar nicht vorkamen und Restvorkommen auf PV-freie Bereiche beschränkt blieben.

Vor diesem Hintergrund ist ein anlagenbedingter Lebensraumverlust für die Arten Feldlerche, Kiebitz und Flussregenpfeifer abzuleiten. Im Zuge der Erfassungen wurden jeweils ein Brutpaar, für den Kiebitz zwei Brutpaare ermittelt.

Da die beiden gefährdeten Arten Feldlerche und Kiebitz auf geeigneten Acker- und Grünlandflächen – wenn auch nicht häufig – noch recht verbreitet vorkommen, kann ein einfaches Aus- weichen der betroffenen Brutpaare nicht angenommen werden, da benachbarte Reviere bereits besetzt sind. Dies ist für den Flussregenpfeifer anders zu beurteilen. So sind für die bevorzugt in Bodenabbauflächen mit großen vegetationsarmen Sandflächen brütende Art Bruten auf Ackerflächen bekannt, aber nicht die Regel. Ein Ausweichen des betroffenen Paares auf nicht besetzte Ackerflächen in der näheren und weiteren Umgebung erscheint somit möglich.

Aus dieser Situation leitet sich für die Feldlerche und den Kiebitz ein erforderlicher artenschutz- rechtlicher Ausgleich der drei verlustigen Reviere ab. Es sind ausreichend große Flächen bereitzustellen, die im Hinblick auf die Habitatansprüche der Arten zu entwickeln sind.

Gemäß einem Abstimmungsvermerk des Landes zum Ausgleichsbedarf von Wiesen- und Offenlandvögeln aus 2015, der kreisweit auch Anwendung bei PV-Planungen findet, sind hin- sichtlich des Flächenbedarfes für den Kiebitz pro Brutpaar 2 ha extensives Grünland und für die Feldlerche entweder 3 ha pro Brutpaar für Mesophiles Grünland oder 1,5 ha pro Brutpaar für Ackerbrachen zu berücksichtigen.

Für die zwei festgestellten und verlustigen Reviere des Kiebitzes ergibt sich somit ein Gesamt- flächenbedarf von 4 ha Extensivgrünland und für ein verlustiges Revier der Feldlerche 3 ha mesophiles Grünland bzw. 1,5 ha Ackerbrache. Da hinsichtlich der Habitatansprüche bezüglich Extensivgrünland für Feldlerche und Kiebitz große Überschneidungen bestehen, kann der Ausgleich auf derselben Fläche umgesetzt werden. Der Bedarf für den Kiebitz von 4 ha deckt daher den Bedarf der Feldlerche von 3 ha vollständig ab.

Insgesamt wird daher für den Habitatverlust von Bodenbrütern eine Fläche von 4 ha benötigt, die beispielsweise über ein Ökokonto erworben werden kann.

Mit Bereitstellung und entsprechendem Flächenmanagement der Ausgleichsflächen (Flächenerwerb oder Ökokonto) kann davon ausgegangen werden, dass die ökologische Funktionalität der Fortpflanzungsstätten von Feldlerche und Kiebitz im räumlichen Zusammenhang vollständig erhalten bleibt. Das Zugriffsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG wird folglich i.V.m. § 44 Abs. 5 BNatSchG nicht berührt. Die Maßnahme ist für die zwar gefährdeten, aber landesweit noch recht häufigen Arten Feldlerche und Kiebitz nicht zwingend als CEF-Maßnahme durchzuführen.

Artenschutzrechtlicher Handlungsbedarf

Der Artenschutzrechtliche Fachbeitrag stellt nach Auswertung aller Daten den artenschutzrechtlichen Handlungsbedarf zur Vermeidung der artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG wie folgt dar: