Neben den Regelungen des BNatSchG ist der aktuelle „Leitfaden zur Beachtung des Artenschutzrechts bei der Planfeststellung“ vom 25. Februar 2009 (Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV SH), Neufassung 2016) maßgeblich. Nach § 44 Abs. 5 BNatSchG umfasst der Prüfrahmen bei Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG - Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB, während der Planaufstellung nach § 33 BauGB und im Innenbereich nach § 34 BauGB - die europäisch streng geschützten Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (FFH-RL) sowie alle europäischen Vogelarten.
Das Plangebiet wird im Wesentlichen als Acker landwirtschaftlich genutzt. Zudem befinden sich grasdominierte Grünstreifen entlang der angrenzenden Straßen. Entlang der Straße im nördlichen Plangebiet sind stärkere Einzelbäume sowie ein kleinflächiger ruderaler Gehölzbewuchs auf einem Erdwall vorhanden. Die Lebensraumeignung des Plangebietes ist insgesamt als unterdurchschnittlich einzustufen.
Methode: Das für die artenschutzrechtliche Konfliktanalyse einzustellende Artenspektrum ergibt sich aus den Ergebnissen der Begehung vom Oktober 2020 sowie aus der Abfrage der dem LLUR vorliegenden Daten zu Tierlebensräumen. Die beim LLUR vorliegenden Daten der LANIS-Datenbank (Stand Juli 2020) geben für den Planbereich und die umliegenden Flächen keine Hinweise.
Tiere
Die aktuell bekannte Verbreitungssituation lässt ein Vorkommen der streng geschützten Säugetierarten Haselmaus und Wald-Birkenmaus ausschließen (BfN 2019, LLUR 2018). Für andere streng geschützte Säugetiere (Wolf, Fischotter, Biber) bietet der Planbereich aufgrund der vorgefundenen Habitatausstattung keine Lebensraumeignung. Streng geschützte Reptilien (z.B. Zauneidechse), Käfer (u.a. Eremit, Heldbock) und Schmetterlinge (z.B. Nachtkerzenschwärmer) sind aufgrund der bekannten Verbreitungssituationen bzw. der fehlenden Lebensraumstrukturen im Plangebiet ebenfalls auszuschließen (BfN 2019). Im Plangebiet und auf den angrenzenden Flächen sind keine Gewässer vorhanden, sodass streng geschützte Amphibien, Fische, Weichtiere und Libellen nicht zu erwarten sind.
Fledermäuse
Die stärkeren Pappeln nördlich der Straße ‚Alt Dörphof‘ bieten aufgrund ihrer Stärke ein grundsätzliches Potential für Teilhabitate von Fledermäusen. Eine dieser Pappeln kann für die notwendige Verbreiterung der Straße nicht erhalten werden. Wochenstuben und Winterquartiere oder die Strukturen, welche für als Fortpflanzungs- und Ruhestätten heimischer Fledermäuse geeignet wären, wurden bei der Bestandsaufnahme an dem betroffenen Baum in der einsehbaren Höhe nicht festgestellt und werden aufgrund des geringeren Stammdurchmessers im oberen Kronenbereich nicht erwartet. Der Baum bietet jedoch ein grundsätzliches Potential als Balzquartier oder Tagesversteck heimischer Fledermäuse. Laut der „Arbeitshilfe zur Beachtung der artenschutzrechtlichen Belange bei Straßenbauvorhaben in Schleswig-Holstein“ (LBV SH 2011) „schränkt der Verlust von einzelnen Balzquartieren und Tagesverstecken in der Regel die Funktionsfähigkeit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang nicht ein“. Abgesehen von einer einzelnen Pappel werden alle starken Bäume nördlich der Straße erhalten. Zusätzlich sind innerhalb des Plangebietes Neupflanzungen vorgesehen, die dauerhaft zu erhalten sind und langfristig Fledermausteilhabitate bieten können. Außerdem ist im umliegenden Gebiet, z.B. an den umliegenden Gebäuden oder bei den mit Gehölzen bestandenen Knicks, eine ausreichende Ausstattung an quartiergeeigneten Strukturen gegeben. Somit bleibt die ökologische Funktionalität der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang vollständig erhalten, weshalb unter der Beachtung einer Bauzeitenregelung ein Auslösen des Zugriffsverbotes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht zu besorgen ist. Die Rodung der Pappel darf demnach nur in der Zeit vom 01. Dezember bis Ende Februar erfolgen.
Vögel
Eine eingriffsbedingte Betroffenheit von Rastvögeln ist auszuschließen. Landesweit bedeutsame Vorkommen sind nicht betroffen. Eine landesweite Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn in einem Gebiet regelmäßig 2 % oder mehr des landesweiten Rastbestandes der jeweiligen Art in Schleswig-Holstein rasten. Weiterhin ist eine artenschutzrechtlich Wert gebende Nutzung des Vorhabengebietes durch Nahrungsgäste auszuschließen. Eine existenzielle Bedeutung dieser Fläche für im Umfeld brütende Vogelarten ist nicht gegeben.
Brutvögel
Aufgrund der vorgefundenen Habitatausprägung des Vorhabengebietes kann unter Einbeziehung der aktuellen Bestands- und Verbreitungssituation ein Brutvorkommen für die in der nachfolgenden Tabelle angeführten Vogelarten angenommen werden. Maßgeblich ist dabei die aktuelle Avifauna Schleswig-Holsteins (BERNDT et al. 2002).
Aufgrund der vorgefundenen Lebensraumstrukturen ist ein Vorkommen von Brutvögeln vor allem im Bereich der Gehölze nördlich der Straße ‚Alt Dörphof‘ nicht auszuschließen. Die artenarmen Saumstreifen entlang des überplanten Ackers bieten aufgrund ihren geringen Fläche sowie der fehlenden Gehölze und Hochstauden keine besondere Lebensraumeignung für heimische Brutvögel. In diese Potentialbeschreibung ist das Fehlen von Horstbäumen einbezogen, sodass Arten wie Mäusebussard oder Waldohreule innerhalb des Planbereiches ausgeschlossen werden können.
Generell stellt das Artengefüge jedoch sogenannte „Allerweltsarten“ dar, die in der Kulturlandschaft und am Rand von Siedlungsgebieten regelmäßig anzutreffen sind und eine hohe Bestandsdichte zeigen.
Aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung und der unterdurchschnittlichen strukturellen Ausstattung ist im Plangebiet keine arten- und individuenreiche Brutvogelgemeinschaft zu erwarten. Vorkommende Brutvögel beschränken sich vor allem auf die vorhandenen Gehölzstrukturen im nördlichen Plangebiet. Auch in den unmittelbar östlich außerhalb gelegenen Gehölzstrukturen (Hecken, Gärten, Straßenbäume) können Brutvögel vorkommen. Insgesamt sind vor allem „Allerweltsarten“ zu erwarten. Auf der Ackerfläche wird sich das Vorkommen von Vögeln im Wesentlichen auf Nahrungsgäste beschränken (z.B. Rabenkrähe). Einen essenziellen Nahrungsraum stellt die Ackerfläche in der ackerbaulich geprägten Region Schwansen jedoch nicht dar.
Mit der Rodung einer stärkeren Pappel sowie dem Verlust des gehölzbewachsenen Erdwalls an der nördlichen Plangebietsgrenze entfallen Strukturen, die potentiell als Bruthabitat heimischer Vogelarten geeignet sind. Um das Eintreten von Verbotstatbeständen gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden, sind Gehölzrodungen in der Zeit vom 01. Oktober bis Ende Februar durchzuführen. Ausweichlebensräume sind im Nahbereich mit Siedlungsgrün, Bäumen und Knicks vorhanden. Innerhalb des Plangebietes werden neue Grünflächen mit Baumpflanzungen, neues Siedlungsgrün und neue Gebäude entstehen, sodass sich gegenüber der bisherigen intensiven landwirtschaftlichen Nutzung auch eine Erhöhung der Artenvielfalt im Plangebiet einstellen kann.
Pflanzen
Streng geschützte Pflanzenarten - Schierlings-Wasserfenchel (Oenanthe conioides), Kriechender Scheiberich (Apium repens), Schwimmendes Froschkraut (Luronium natans) - sind im Planbereich nicht zu erwarten. Die betroffenen Standorte dieser Pflanzen sind in Schleswig-Holstein gut bekannt und liegen außerhalb des Plan- und Auswirkungsbereiches (BfN 2019).
Aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung als Acker (regelmäßiger Bodenumbruch, Anbau von Kulturpflanzen, Ausfuhr von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln) ist das Plangebiet als Pflanzenlebensraum stark eingeschränkt. Arten der Roten Liste Schleswig-Holstein sind im Plangebiet nicht festgestellt worden. Weitere Betrachtungen sind daher nicht erforderlich.
Fazit
Aufgrund der bisherigen Nutzungen weist das Plangebiet keine besondere Habitateignung auf. Zu berücksichtigen sind jedoch die Gehölzstrukturen nördlich der Straße ‚Alt Dörphof‘. Für die notwendige Verbreiterung dieser Straße kann eine stärkere Hybrid-Pappel nicht erhalten werden. Sie wird aufgrund ihres Potentials für Tagverstecke von Fledermäusen in der Zeit vom 01. Dezember bis Ende Februar gerodet. Die übrigen entfallenden Gehölzstrukturen sind als potentielle Lebensräume heimischer Brutvögel zwischen dem 01. Oktober und Ende Februar zu roden, um das Eintreten von Verbotstatbeständen gem. § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden.