3.1 Art und Maß der baulichen Nutzung, Bauweise usw.
Der städtebaulichen Zielsetzung entsprechend werden zwei 'Allgemeine Wohngebiete' (WA 1 und WA 2) gemäß § 4 BauNVO ausgewiesen, die vorwiegend dem Wohnen dienen. Mit dieser Ausweisung wird sichergestellt, dass sich die zukünftige Bebauung nach ihrer Art der baulichen Nutzung in die Umgebung einfügen wird. Um den Charakter des Siedlungsgebietes nicht zu stören und weil es insbesondere um die Schaffung zusätzlichen Wohnraums geht, werden die Ausnahmen nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BauNVO (Betriebe des Beherbergungsgewerbes, sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe und Tankstellen) nicht Bestandteil des Bebauungsplanes. Für diese Nutzungen sollen geeignetere Standorte im Gemeindegebiet vorbehalten sein, da diese Nutzungen ein für dieses Wohngebiet ungewolltes Verkehrsaufkommen mit sich bringen würden. Zudem widersprechen sie hinsichtlich ihrer teilweise extensiven Platzansprüche und ihres Erscheinungsbildes den Schutzansprüchen und Zielsetzungen der Planung.
Das Maß der baulichen Nutzung wird durch unterschiedliche Festsetzungen bestimmt. Es wird für das WA 1 eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,3 und für das WA 2 eine GRZ von 0,4 festgesetzt. Hierdurch wird dem Gedanken Rechnung getragen, die bebaubare Fläche ins Verhältnis zur Größe der Baugrundstücke zu setzen. Die höhere GRZ im WA 2 gegenüber dem WA 1 resultiert aus der Überlegung, straßenbegleitend auch eine verdichtetere Bauweise in Form eines kleineren Mehrfamilienhauses zuzulassen.
Die rückwärtigen Baugrundstücke werden zum Teil über eine Planstraße und zum Teil über Flächen mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (GFL) erschlossen. Verkehrsflächen sind bei der GRZ nicht zu berücksichtigen, anders wäre dies bei den GFL-Flächen. Zur Gleichbehandlung ist daher festgesetzt, dass die GFL-Flächen bei der Ermittlung der Grundflächenzahl (GRZ) im Sinne des § 19 BauNVO unberücksichtigt zu lassen sind.
Der Bebauungsplan schließt die Möglichkeit zur Überschreitung der jeweils zulässigen Grundfläche gemäß § 19 Abs. 4 BauNVO nicht aus, so dass diese für Garagen und Stellplätze mit ihren Zufahrten sowie für Nebenanlagen i. S. d. § 14 BauNVO um bis zu 50 % überschritten werden darf. Darüber hinaus ist eine Überschreitung der festgesetzten Grundflächenzahl (GRZ) ausnahmsweise zulässig, wenn diese durch Flächen von ebenerdigen, mindestens zweiseitig offenen Terrassen direkt an Wohngebäuden hervorgerufen wird. In diesem Fall ist die Überschreitung der festgelegten Grundflächenzahl bei der Ermittlung der Grundfläche im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO unberücksichtigt zu lassen und nur bei der Ermittlung der Grundfläche i. S. d. § 19 Abs. 4 BauNVO zu ermitteln.
Ermächtigungsgrundlage für die textliche Festsetzung 02 b ist § 31 Abs. 1 i. V. m. § 16 Abs. 5 und 6 BauNVO. Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden. Von diesem Recht wird mit der genannten Festsetzung Gebrauch gemacht Zudem wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Terrassen nicht pauschal als Bestandteil der Hauptanlage betrachtet werden können. Ob Terrassen im planungsrechtlichen Sinn als Nebenanlage oder als Teil des Gebäudes (Hauptanlage) anzusehen sind, hängt von der baulichen Ausführung im Einzelfall ab. Hinsichtlich der baulichen Beschaffenheit ist beispielsweise anzunehmen, dass eine einfache Pflasterung mit Bodensteinen oder Holzbeplankung kein hinreichend prägendes Gewicht hat, die bauliche Anlage als Teil des Hauptgebäudes erscheinen zu lassen (vgl. VG Köln, Urteil vom 03. Juli 2012 - 2 K 368/11). Mit der getroffenen Festsetzung Nr. 02 b soll diesem Umstand Rechnung getragen werden und Terrassen, unabhängig der Zuordnung als Haupt- oder Nebenanlage, im Baugenehmigungsverfahren einheitlich bei der Berechnung der Grundflächenzahl (GRZ) berücksichtigt werden.
Die Baugrenzen sorgen dafür, dass eine gegenseitige Rücksichtnahme in Bezug auf eine Beschattung der Nachbargrundstücke ermöglicht wird. Es wird eine Abfolge der einzelnen Baukörper gewährleistet, so dass ungestörte und besonnte Gartenflächen und hausnahe Terrassen entstehen können. Die Lage und Größe der bebaubaren Flächen ist so koordiniert, dass deren Schattenwurf und Wirkung hinsichtlich der Nachbargrundstücke auf bestimmte Bereiche begrenzt ist und so grundstücksübergreifende, unbebaute Garten- und Ruhezonen möglich sind.
Terrassen sind nur innerhalb der Baugrenzen zulässig. Eine Überschreitung der Baugrenzen ist ausnahmsweise bis zu 3 m, maximal aber bis zu einem Abstand von 2 m zur Grundstücksgrenze, zulässig, wenn es sich um ebenerdige, mindestens zweiseitig offene Terrassen direkt an Wohngebäuden handelt. Eine Überschreitung durch Teile des Hauptgebäudes ist nicht zulässig. So wird sichergestellt, dass Terrassen abweichend von der Regelung des § 6 Abs. 8 Landesbauordnung (LBO), einen Abstand von mind. 2,00 m zu den Grundstücksgrenzen einzuhalten haben. Aufgrund der liberalisierten Abstandflächenregelung benötigen bauliche Nutzungen im Sinne von § 6 Abs. 8 LBO, u. a. Terrassen, keine eigenen Abstandflächen mehr. Sie wären damit ohne Abstandsflächen zulässig. Ohne eine planerische Festsetzung würde dies bedeuten, dass die bezeichneten Anlagen direkt an die Nachbargrenze heranrücken könnten. Die damit einhergehende Verdichtung würde der städtebaulichen Intention widersprechen. Um dort die gebotenen Qualitäts- und Sozialabstände einzuhalten, wird für das gesamte Plangebiet die vom Bauordnungsrecht abweichende Abstandsregelung festgesetzt. Garagen sowie offene oder überdachte Stellplätze sind innerhalb der landesrechtlichen Grenzabstände ohne eigene Abstandsflächen zulässig, soweit sie die dafür vorgegebenen landesrechtlichen Vorgaben einhalten.
Im gesamten Plangebiet gilt die offene Bauweise (o). Im WA 1 sind ausschließlich Einzelhäuser (E) zulässig, um einer ortsuntypischen Verdichtung entgegenzuwirken. Im WA 2 wird kein Haustyp festgesetzt, da hier eine verdichtete Bauweise z. B. in Form eines kleineren Mehrfamilienhauses angestrebt wird.
Im gesamten Plangebiet gelten zwei Vollgeschosse (II) als Höchstmaß. Weiterhin wird das Maß der baulichen Nutzung durch die maximal festgesetzte Firsthöhe (FH) begrenzt. Hierdurch wird erreicht, dass eine an das Geländeniveau angepasste Bebauung erfolgt. Die zulässige maximale Firsthöhe (FH) baulicher Anlagen beträgt im WA 1 9,50 m und im WA 2 10,50 m. Da im WA 2 ein Mehrfamilienhaus vorgesehen ist, wird hier entsprechend eine etwas höhere Firsthöhe ermöglicht. Bezugspunkt für die festgesetzte Firsthöhe (FH) im WA 2 ist die erschließende öffentliche Verkehrsfläche im Bereich der Grundstückszufahrt. Der Bezugspunkt für die festgesetzten Firsthöhen (FH) im WA 1 wird im weiteren Verfahren ergänzt. Von der in der Planzeichnung festgesetzten Höhenbeschränkung sind untergeordnete Bauteile wie Schornsteine, Antennenanlagen, Blitzableiter, Lüftungsanlagen etc. ausgenommen. Derartige Bauteile dürfen auf einer Fläche von max. 10 % der jeweiligen Gebäude die festgesetzte Firsthöhe (FH) um max. 2,00 m überschreiten.
Um einen für dieses Wohngebiet untypischen Charakter eines Geschosswohnungsbaus mit einer Vielzahl von Wohnungen zu verhindern, wird deren Anzahl begrenzt. So sind im WA 1 maximal zwei Wohnungen pro Wohngebäude zulässig. Im WA 2, wo eine verdichtete Bauweise angestrebt wird mit mehreren kleinen Wohnungen, ist je angefangene 200 m² Grundstücksfläche eine Wohnung zulässig. Somit sind im gesamten WA 2 bis zu 11 Wohneinheiten je nach Grundstücksaufteilung zulässig.
Zudem ist festgesetzt, dass die nutzbaren Dachflächen der Hauptgebäude zu mindestens 40 % mit Photovoltaikmodulen zur Nutzung der einfallenden solaren Strahlungsenergie auszustatten sind (Solarmindestfläche). Werden auf einem Dach Solarwärmekollektoren installiert, so kann die hiervon beanspruchte Fläche auf die zu realisierende Solarmindestfläche angerechnet werden.
Mit der sogenannten Klimaschutznovelle von 2011 hat die Bundesregierung die schon zuvor enthaltenen städtebaulichen Belange des globalen Klimaschutzes besonders hervorgehoben. Auch in der Gemeinde Wankendorf gewinnt der Klimaschutz zunehmend an Bedeutung.
Die Solarfestsetzung dient der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und dem Klimaschutz. Mit der Klimaschutznovelle 2011 ist in dieser Rechtsgrundlage klargestellt worden, dass Festsetzungen für den verbindlichen Einsatz der Solarenergie zulässig sind. Danach können Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in Baugebieten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 b BauGB verbindlich festgesetzt werden. PV-Anlagen haben den Vorteil, dass von ihrem Betrieb keinerlei Emissionen ausgehen. Bei der Stromerzeugung durch PV-Anlagen entstehen im Gegensatz zur Stromerzeugung in Anlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, weder CO² noch andere Luftschadstoff-Emissionen.
Die Festsetzung betrifft die nutzbaren Dachflächen. Sie berücksichtigt, dass nicht alle Teile des Daches technisch oder wirtschaftlich mit einer Solaranlage genutzt werden können. Nutzbar ist derjenige Teil der Dachfläche, der für die Nutzung der Solarenergie aus technischen und wirtschaftlichen Gründen verwendet werden kann. Der nutzbare Teil der Dachfläche ist in einem Ausschlussverfahren zu ermitteln. Danach sind von der Dachfläche die nicht nutzbaren Teile abzuziehen. Dabei kann es sich beispielhaft um ungünstig ausgerichtete Dachflächen nach Norden oder erheblich verschattete Dachflächen durch Großbäume oder Nachbargebäude handeln. Nicht nutzbar sind ebenfalls Bereiche, die mit anderen Nutzungen belegt sind. Darunter fallen z. B. Dachfenster, Gauben, Dacheinschnitte, Dachaufbauten wie Schornsteine oder Entlüftungsanlagen. Im Rahmen des jeweiligen Baugenehmigungsverfahrens ist die theoretisch nutzbare Dachfläche nachzuweisen.
Im gesamten Plangebiet sind Anlagen zur Gewinnung von Solarenergie nur an und auf Gebäuden zulässig, parallel angebracht zur Fassade oder zum Dach. Unzulässig sind aufgeständerte oder überkragende Anlagen sowie selbständige oder freistehende Solaranlagen. Windkraftanlagen, auch als Nebenanlagen, sind unzulässig. Ausnahmen für solche Anlagen i. S. v. § 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BauNVO sind nicht zulässig. Die Festsetzung findet ihre Ursache darin, dass die Aufstellung selbständiger Solaranlagen und von Windrädern mit optischen und akustischen Auswirkungen verbunden ist, die dem geplanten Charakter des Wohngebietes widersprechen würden. Mit der Verpflichtung, Solarmodule an Fassaden und auf Dächern zu installieren, besteht eine angemessene Möglichkeit, regenerative Energiegewinnung zu betreiben.
Zur Erschließung der Baugrundstücke im WA 1 sind neben der Planstraße Flächen mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (GFL) vorgesehen. Die in der Planzeichnung festgesetzten Flächen mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (GFL) gelten zugunsten der Anlieger des WA 1 und WA 2 sowie der öffentlichen und privaten Ver- und Entsorgungsunternehmen und Medienträger. Auf die Erschließung rückwärtig gelegener Grundstücksbereiche über die festgesetzten GFL kann ausnahmsweise verzichtet werden, wenn durch abweichende Grundstücksteilung eine abweichende Erschließung erforderlich wird und/oder die Erschließung in anderer Weise baurechtlich gesichert ist.
Unter Beachtung des Gebotes zur planerischen Zurückhaltung sind lediglich Mindestregelungen als örtliche Bauvorschriften aufgenommen worden. Diese betreffen Dächer, Dachbegrünung für Carports und Garagen sowie Stellplätze und Garagen.
Die Dachneigung muss im Plangebiet mindestens 25 Grad betragen. Zulässig sind Sattel-, Walm- und Krüppelwalmdächer. Die festgesetzten Dachformen und Dachneigungen beziehen sich jeweils nur auf die Hauptgebäude. Für Wintergärten, Gauben, Nebenanlagen, Garagen und Carports sind auch abweichende Dachformen und Dachneigungen zulässig. Die Dacheindeckung ist im gesamten Plangebiet nur in den Farben rot bis rotbraun und anthrazit bis schwarz zulässig. Ausgenommen davon sind Wintergärten. Für diese sind auch Glasdächer zulässig. Gründächer sind im Plangebiet zulässig. Bei Gründächern darf von den Festsetzungen zur Dachform, -neigung und -farbgestaltung abgewichen werden. Durch die Festsetzung wird der Anblick geneigter Dächer in der Gemeinde Wankendorf aufgegriffen und dennoch ausreichend Spielraum für individuelle Bauwünsche geschaffen.
Die Dachflächen von Garagen und Carports sind dauerhaft und flächendeckend zu begrünen. Die Begrünung ist in Form einer extensiven Dachbegrünung mit einer durchwurzelbaren Mindestschichtstärke von 8 cm und einer standortgerechten, nachhaltig insekten- und bienenfreundlichen Vegetation (Kräuter, Gräser und ausdauernde Stauden, z. B. Sukkulenten) zu bepflanzen. Ausnahmsweise kann von einer Begrünung abgesehen werden, wenn diese im ausdrücklichen Widerspruch zum Nutzungszweck steht.
Gründächer puffern hohe Niederschlagsmengen ab. Es handelt sich um eine an Bedeutung gewinnende Funktion auf die aufgrund des Klimawandels zukünftig absehbar häufiger auftretenden Starkregenereignisse. Gründächer leisten weiter einen Beitrag zur Verminderung der Aufheizung von Siedlungsräumen, wirken sich positiv auf das Kleinklima aus und können innerörtliche Insektenpopulationen fördern.
Pro Wohnung sind im WA 1 mindestens zwei Stellplätze oder Garagen auf dem jeweiligen Baugrundstück vorzuhalten. Im WA 2 ist pro Wohnung mit einer Wohnfläche < 60 m² mindestens ein Pkw-Stellplatz und pro Wohnung ab 60 m² Wohnfläche sind mindestens zwei Pkw-Einstellplätze auf dem jeweiligen Baugrundstück bereitzustellen. Hintergrund ist ein realistisch einzuschätzender hoher Motorisierungsgrad der zukünftigen Haushalte, der hohe Pendleranteil in der Gemeinde, die wenigen öffentlichen Parkplatzflächen in der Umgebung des Planbereiches und der Wunsch nach Vermeidung städtebaulicher Missstände infolge nicht ausreichender Stellplätze und Parkplatzflächen. Die Differenzierung ergibt sich aus der Annahme, dass in dem angedachten Mehrfamilienhaus im WA 2 in kleineren Wohnungen tendenziell auch eher kleinere und weniger mobile Haushalte einziehen werden.