2.2. Historische Entwicklung des Plangebiets
Abb. 15: Entwicklung der Siedlungsflächen in Barsbüttel Abb. 16: Bevölkerungsentwicklung Barsbüttel
Geschichte der Gemeinde Barsbüttel7
Das Dorf Willinghusen war das erste Dorf in Stormarn, an dem das Hamburger Domkapitel im Jahre 1238 Besitzrechte erwarb. Kein Jahrhundert später waren die Dörfer Willinghusen, Barsbüttel und Stemwarde im Besitz des Domkapitels zu Hamburg. Erst 1648 wurden die Dörfer des Hamburger Domkapitels dem Herzog Friedrich von Holstein-Gottorf zugesprochen. Im 18. Jahrhundert wurden sie zeitweise von Russland regiert, bevor sie gegen Ende des Jahrhunderts an Dänemark fielen. Die dänische Zeit endete 1867 mit der Einverleibung der Herzogtümer Schleswig und Holstein in den preußischen Staat. Die Schaffung des Landkreises Stormarn ging ebenfalls auf diese Zeit zurück. 1889 lässt Preußen Amtsbezirke gründen, Stemwarde und Willinghusen kommen zum Amtsbezirk Barsbüttel, Stellau zu Alt-Rahlstedt. Ab 1906 unterhalten Barsbüttel und Jenfeld, das ebenfalls zum Amtsbezirk gehörte, ein eigenes Elektrizitätswerk.
Mit dem Kriegsende 1945 erfährt der Amtsbezirk seine Auflösung und ab 1948 seine Neugründung als Amt Barsbüttel mit den vier Dörfern Barsbüttel, Stellau, Stemwarde und Willinghusen. Im Rahmen der „Kommunalen Neuordnung“ wurde die „Gemeinde Barsbüttel“ mit Wirkung zum 1. Januar 1974 gebildet. Nach der Bildung der „Gemeinde Barsbüttel“ wurde 1977 der Flächennutzungsplan für die gesamte Gemeinde aufgestellt. Dieser sah vor, dass Barsbüttel als Ortsteil das größte Wachstum haben sollte und die drei weiteren Ortsteile den dörflichen Charakter erhalten sollten. Die geplante Bevölkerungszunahme ist eingetreten, jedoch ist der Ortsteil weniger stark gewachsen als geplant und die drei Ortsteile Willinghusen, Stemwarde und Stellau sind stärker gewachsen als geplant.
Alle vier Ortsteile (OT) waren über Jahrzehnte von der Landwirtschaft geprägt. Die Nähe zur Freien und Hansestadt Hamburg erlangte besonders für den OT Barsbüttel, große Bedeutung. Zunächst wurden im OT Barsbüttel kleine Gartensiedlungen gegründet, z.B. Ellerhoop, die dann während bzw. nach dem Krieg zu Wohngebieten ausgebaut wurden. Die Einwohnerzahl aller vier Ortsteile zusammen betrug im Jahr 1867 insgesamt 975. Bis vor dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1939 verdoppelte sich die Einwohnerzahl auf 1.879. Durch den Flüchtlingsstrom aus dem Osten und durch Einwohner aus dem zerbombten Hamburg erhöhte sich die Einwohnerzahl auf 4.846 im Jahr 1946. Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich der dörfliche Charakter Barsbüttels hin zu einem mehr durch zahlreiche Wohnungsneubauten und mittlerweile auch durch Gewerbeansiedlungen bestimmten Wohn- und Arbeitsort. Gemäß Zensus 2011 beträgt die Einwohnerzahl der Gemeinde Barsbüttel 11.850.
Die aktuelle Einwohnerzahl zum 30.09.2016 wird von dem Einwohnermeldeamt der Gemeinde Barsbüttel mit 13.780 beziffert. Darin sind Haupt- und Nebenwohnsitze entalten.
Abb. 17: Historische Karte des heutigen Gemeindegebiets Barsbüttels aus dem Jahr 1790
Jeder der vier Ortsteile hat geschichtliche Besonderheiten, die im folgenden Abschnitt aufgeführt werden:
Barsbüttel
Bereits vor 6.000 Jahren haben Menschen zumindest zeitweilig hier gelebt, wie Funde in der Feldmark belegen. Bei der Kiesgewinnung vor Ort wurde ein Urnenfriedhof aus der Eisenzeit (600 v. Chr.) entdeckt. Bernekesbutle bedeutet so viel wie: Das ist die Erwerbsstätte (Kieskuhle, Baustelle) des Bauern Berneke. Später taucht auch wiederholt der Ortsname „Barresbotle“ auf.
Willinghusen
Mit Beginn der Eisenzeit sind u. a. im OT Willinghusen in der Glinder Au, nachweislich durch Funde und Ausgrabungen, erste Siedlungen ansässig gewesen. Die Kupfermühlen bei Glinde waren Mittelpunkt des Waffen- und Gerätebaues. Urkundlich erwähnt wird Willinghusen erstmals im Jahre 1238. „Widdinghusen“, wie es damals geschrieben wurde, leitet sich ab von den „Husen“, den Häusern der Leute des Wido.
Stemwarde
Mehrere Grabhügel und Einzelfunde aus der Bronzezeit (1800 – 600 v. Chr.) sowie auch der Eisenzeit wurden beim Abbau von Kiesgruben in Stemwarde gefunden und weisen auf die Frühgeschichte dieser Region hin. Im Jahre 1259 taucht der Name Stemwarde erstmals urkundlich in den Büchern des Hamburger Domkapitels auf. Eine Auslegung des Namens „Stenwarde“, wie Stemwarde damals auch geschrieben wurde, bedeutet Steinwarte, aus Steinen errichtet oder bei den Steinen.
Stellau
Stellaus älteste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1303. Der Name „Stenloghe“, die ehemalige Schreibweise des Namens Stellau, bedeutet so viel wie sumpfige, bewaldete Niederung mit Steinen. Stellau gehörte zum Kloster Reinbek.
Historische Begründung des Barsbütteler Wappens:
In der ältesten Urkunde erscheint der Name Bernekesbutle im Jahr 1228. Der Hamburger Domherr Helperadus sicherte den Hamburger Geistlichen die Vorrechte zum Unterhalt auf die damals in Barsbüttel gelegene Hufe. Auf die Schwarzerle, den bis heute vorherrschenden Baum (Almus glutimosa) dieser Landschaft, belegt durch die aus den Flurnamen entlehnten Straßenbezeichnungen „Zum Dicken Busch“ und „Ellerhoop“, weisen die grünen Erlenblätter auf silbernem Grund im Schildhaupt.
Abb. 18: Wappen der Gemeinde Barsbüttel
Die vier silbernen Wagenräder symbolisieren den Zusammenschluss der vier Gemeinden Barsbüttel, Willinghusen, Stemwarde und Stellau zur Großgemeinde Barsbüttel, die bäuerliche Vergangenheit Barsbüttels und die seit dem Krieg erfolgte Zuwanderung von bombengeschädigten Hamburgern, Vertriebenen aus dem Osten Deutschlands und die starke Erweiterung des Ortes durch Neubürgerinnen und Neubürger."
Die Entwicklung der Ortsteile zwischen dem zweiten Weltkrieg und heute
Barsbüttel Ort
Ursprünglich war der Ortsteil Barsbüttel zwischen Dicker Busch und Rathaus (ehem. Zentrum) ein reines Bauerndorf mit typischen Höfen, aber auch villenartigen Wohnhäusern. Die bauliche Entwicklung vollzog sich im Wesentlichen nach dem zweiten Weltkrieg. Anschließend an das Bauerndorf und die Willinghusener Landstraße wurden Gebiete mit Einfamilien- und Reihenhäusern sowie später Geschosswohnungsbau im Westen und am „Zentrum“ realisiert. Während des Krieges strukturierten sich ehem. Schrebergartenkolonien in Dauerwohngebiete mit Kleinsthäusern um, die anschließend durch großzügigere Einfamilienhäuser ersetzt wurden. Dieser Prozess war bis zur Erstaufstellung des FNPs im Jahr 1977 noch nicht abgeschlossen. Mit dem Wachstum in den Folgejahren verlagerte sich der Schwerpunkt des Ortes zunehmend nach Osten, sodass das „Zentrum“ eine zentrale Lage einnahm. Für die bauliche Entwicklung war im FNP 1977 eine bandartig vom Dicken Busch entlang der Willinghusener Landstraße und am damaligen Kalksandsteinwerk nach Süden abknickende Zone dichterer und höherer Bebauung von 2-3, maximal 4 Geschossen vorgesehen. Von dieser Zone aus verliefen bereits Ausläufer Richtung Norden und gliederte die ein- bis zweigeschossige Bebauung in überschaubare Teilbereiche. Der Siedlungsrand sollte von einer maximal zweigeschossigen Bebauung gesäumt werden, die keilförmig in den Siedlungsraum verlaufenden Landwirtschaftsflächen wurden als Gliederungselement und wohnortnahes Freizeitangebot angesehen. Weitere Entwicklungen waren:
- an der Hauptstraße und an der Willinghusener Landstraße im Wesentlichen zwei- bis dreigeschossige Bauformen mit Dichten zwischen 0,5 - 0,7 (GRZ)
- in der Mittelzone zwischen dieser Hauptachse und dem Ortsrand überwiegen eingeschossige Bauformen mit Dichten zwischen 0,4 - 0,3 (GRZ) bzw. geringerer Dichte
Die Siedlungstätigkeit in Barsbüttel orientierte sich an der Leitidee einer „geordneten Mischung“. Hierbei sind verschiedene Wohnformen realisiert worden und es kam zu einer Ausbildung von verschiedenartigen städtebaulichen Räumen. Eine Aneinanderreihung gleichartiger Wohnformen sollte vermeiden werden.
Willinghusen
Die bauliche Entwicklung war insgesamt ruhiger, als in Barsbüttel Ort. Im Südosten und Osten wurden vor und nach dem zweiten Weltkrieg Einfamilienhausgebiete angegliedert. Mit dem FNP 1977 sollte der Dorfbereich als verkehrsberuhigte Hauptachse weiterhin seinen Charakter erhalten. Im Südwesten und Osten sollte eine neue Wohnbebauung entstehen, der Verlauf der Bachaue bis in die Ortsmitte ist ebenfalls langfristig gesichert worden. Der Bereich südlich der Autobahn sollte als „Wohnen im Grünen“ erhalten bleiben. Die Splittersiedlung vor der Autobahnbrücke nach Barsbüttel Ort sollte nach der Umlegung der K 29 beruhigt und nicht weiterentwickelt werden. Weitere Einfamilienhausbebauung wurde nach 1985 nur im Osten und Westen in einem geringen Umfang vorgesehen.
Stemwarde
Trotz eines Zuwachses an Einfamilienhausbebauung stand in Stemwarde immer der Erhalt der dörflichen Struktur im Vordergrund. Es waren der Erhalt dieses ländlich geprägten Charakters und eine bauliche Konsolidierung des Ortsbildes angezielt. Grüne Arme zwischen den beidseitig bebauten Dorfstraßen sollten von Wohnbebauung freigehalten bleiben (keine Nachverdichtung in zweiter Reihe).
Stellau
In Stellau vollzog sich die vergleichsweise stärkste Entwicklung der baulichen Dimension unter den drei dörflich geprägten Ortsteilen Barsbüttels. Zugleich war jedoch ebenso der Erhalt des baulichen Charakters des Dorfes ein Ziel sowie die Vermeidung von Veränderungen des alten Dorfkerns. Es sollte mehrgeschossiger Wohnungsbau vermieden werden, zusätzliche Bebauung im Südwesten und Westen sowie langfristig am Ostrand sollte in der Dichte (maximal 0,3 GRZ) auf Einfamilienhäuser ausgerichtet werden.