Für den Gutshof wird eine zukunftsorientierte, nachhaltige Nutzung angestrebt, was den Anlass für die Aufstellung der Außenbereichssatzung bietet. Es sollen eine Verträglichkeit zwischen den vorhandenen unterschiedlichen Nutzungen, den Entwicklungsmöglichkeiten sowie den Anforderungen an die Landschaftspflege und den Naturschutz für die nächsten Jahre bzw. Jahrzehnte hergestellt und gleichzeitig geringfügige zeitgemäße auch bauliche Entwicklungspotenziale für die Zukunft geschaffen werden.
Vorab wurde dafür ein Entwicklungskonzept für die Handlungsbereiche Kultur/Bildung, Tourismus, Landwirtschaft, Natur und Landschaft sowie Soziales erarbeitet, das durch die Aktivregion "Holsteinische Schweiz e. V." gefördert wurde. Als Schwerpunkt des Konzeptes wurde ein detaillierter Maßnahmenkatalog erarbeitet. Das Entwicklungskonzept enthält konkrete Nutzungs- und Gestaltungsideen für einzelne Bereiche sowie auch übergeordnete Empfehlungen. Mit dem Entwicklungskonzept wurde für das Gut Wittmoldt ein informelles Planungsinstrument entwickelt, das auf die zukünftigen Bedarfe ausgerichtet ist. Es stellt die Grundlage für die nachfolgenden verbindlichen Planungen dar, zu der auch die hiesige Außenbereichssatzung gehört.
Folgende Maßnahmenvorschläge wurden im Rahmen des Entwicklungskonzeptes entwickelt:
Hauptziel: zukunftsorientierte, nachhaltige Nutzung für den Gutsbereich.
Kultur/Bildung:
- Erweiterung des kulturellen Angebotes,
- historische Ausstellungen,
- naturschutzfachliche Wissenspfade,
- Wiederbelebung der Fährverbindung Dörnick - Wittmoldt nur für Fahrradfahrer und Fußgänger,
- Wiederaufbau des ehemaligen Kuhstalls und der angrenzenden Scheune als Ausstellungs- und Unterkunftsräume,
- Wiederaufbau des ehemaligen Gewächshauses als Aufenthaltsraum,
- Beachtung des Denkmalschutzes, Aufwertung geeigneter Gebäude,
- bauliche Instandsetzung der historischen Gebäude, insbesondere des Torhauses, mit kultureller, touristischer und/oder sozialer Nutzung,
- Errichtung eines Betriebsleiterwohnhauses.
Tourismus:
- Erweiterung des touristischen Angebotes, Sicherung und maßvolle Ergänzung des gewerblichen Beherbergungsangebotes,
- Schaffung von Attraktionen für Tagestouristen,
- Förderung Rad- und Wandertourismus (Fährverbindung Dörnick - Wittmoldt),
- Schaffung gastronomischer Angebote (Bistro, Hofladen),
- Ausbau der ÖPNV-Verbindung.
Landwirtschaft:
- Verlegung der landwirtschaftlichen Nutzung von der Kultur-Insel in den Restbereich des Gutshofes,
- Umnutzung der derzeitig bereits für kulturelle bzw. touristische Zwecke genutzten landwirtschaftlichen Gebäude für Zwecke der Kultur-Insel.
Natur und Landschaft:
- Waldflächen zu den angrenzenden, naturschutzfachlich sensiblen Gebieten,
- Lehr-, bzw. Wissenspfade zum Verständnis der naturschutzfachlichen Gegebenheiten (Natura 2000-Gebiete, Flora, Fauna),
- ökologische Fährverbindung,
- Kfz-freie "Ökologische Kultur-Insel".
Auf dem Gut Wittmoldt begegnen sich derzeit noch verschiedene Nutzungen. Nach wie vor nimmt der landwirtschaftliche Bereich mit Forst- und Feldwirtschaft einen Teil davon ein. Da der Bereich der eigentlichen Insel für eine intensive Landwirtschaft flächenmäßig und aus verkehrlichen Gründen für größere moderne landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht nutzbar ist, wurde bereits in den 1980er Jahren die Landwirtschaft zum Großteil abgegeben bzw. verpachtet. Seitdem ist das Gut Wittmoldt Verpachtungsbetrieb und kümmert sich um seine Forst- und Grünlandwirtschaft. Die freigewordenen Gebäude auf der Insel wurden in diesem Zuge umgenutzt und die Insel zur Kultur-Insel entwickelt, die nun einen großen Anteil einnimmt und zukunftsorientiert und nachhaltig weiterentwickelt werden soll.
Die kulturellen Angebote auf dem Gutshof Wittmoldt erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Um diese zukünftig weiter auszubauen, werden weitere Angebote, zum Beispiel in den Bereichen Kunst und Bewegung, angestrebt. Dadurch könnten weitere Ausstellungen und Kurse ermöglicht werden. Benötigt werden hierfür jedoch weitere Räumlichkeiten. Diese könnten beispielsweise durch den Wiederaufbau des ehemaligen Kuhstalls und der Scheune bereitgestellt werden. Die Grundmauern der ehemaligen Scheune erinnern noch heute an die damals ca. 19 x 40 m großen Stall- und Scheunengebäude (siehe folgende Abbildungen).
Links der alte Kuhstall und rechts die ehemalige Scheune
auf dem Gut Wittmoldt
(Quelle: Gut Wittmoldt)
Ein Teil der Scheunenmauer
Mittelteil des ehemaligen Stall- und Scheunengebäudes
Mit dem Wiederaufbau oder Teilwiederaufbau dieser Gebäude könnten mehrere neue Ausstellungsräume für die Erweiterung der kulturellen Veranstaltungen geschaffen werden Außerdem wäre hier auch die Möglichkeit gegeben, für eine gastronomische Versorgung der Besucher zu sorgen. Dies könnte in Form eines kleinen Restaurants oder Bistros erfolgen, das saisonal betrieben wird.
Die Reste des heute eher verfallenen Gewächshauses (siehe folgende Abbildung) stehen mitten auf der Kultur-Insel. Das Gewächshaus könnte als Aufenthaltsraum für Besucher der historischen Ausstellungen oder auch der geplanten Wissenspfade genutzt werden.
Ehemaliges Gewächshaus auf dem Gutsgelände
Zudem ist angedacht, den Bereich der eigentlichen Kultur-Insel in einem verträglichen Umfang zukünftig als zweiten Betriebszweig Kultur/Tourismus zu führen. Das Gut Wittmoldt bleibt dabei ein organisatorisch gemeinsamer Betrieb, aufgegliedert in zwei Zweige: Landwirtschaft und Kultur.
Mit der Trennung der Betriebszweige Landwirtschaft sowie Kultur und Tourismus innerhalb des Gesamtbetriebes soll ein Betriebsleiterwohnhaus für den kulturellen/touristischen Betriebszweig geschaffen werden. Das Gebäude der ansässigen Wassersportvereinigung, das zukünftig leerfällt, ist abzureißen und in räumlicher Nähe unter Einhaltung des erforderlichen 50 m breiten Gewässerschutzstreifens und des 30 m breiten Waldschutzstreifens ein Betriebsleiterwohnhaus neu zu errichten. Hier sind bereits Flächenversiegelungen anzutreffen und damit schon eine Vorbelastung der Natur und Landschaft gegeben. Durch den Abriss werden die neu hinzukommenden Versiegelungen kompensiert.
In touristischer Hinsicht gibt es auf dem Gut Wittmoldt zurzeit Angebote mit Ferienhäusern sowie Bed & Breakfast-Zimmer. Diese erfreuen sich einer sehr großen Beliebtheit. Der kulturelle Bereich ist hierbei auch nicht direkt vom Tourismus zu trennen, denn Gäste oder Aussteller von kulturellen Veranstaltungen nutzen das Angebot der Übernachtungsmöglichkeit ebenfalls. Es ist vorgesehen, das touristische Angebot in Form von wenigen weiteren gewerblichen Übernachtungsmöglichkeiten zu erweitern. Dazu soll kein separates Gebäude entstehen. Diese sollen bei Bedarf in den Gebäuden, die wieder aufgebaut oder umgenutzt werden sollen, Berücksichtigung finden.
Da das Gut Wittmoldt dem Außenbereich zugehörig ist, sind Baugesuche nach
§ 35 Abs. 2 und 3 (sonstige Vorhaben - Beeinträchtigung öffentlicher Belange) oder
§ 35 Abs. 4 (erhaltenswerte Bausubstanz von Hofstellen) zu beurteilen. Beide Alternativen haben dabei den Schutz des Außenbereichs im Blick und lassen Vorhaben nur dann zu, wenn sie nicht gegen entgegen stehende Vorgaben verstoßen. Die Prüfung der Kriterien ist dabei einzelfallbezogen und kann bei nicht vorhandenen oder nicht ausgeschöpften Abwägungsspielräumen dazu führen, dass eine im Interesse des Außenbereichsschutzes wünschenswerte Maßnahme, wie beispielsweise der Abriss des Gebäudes der ansässigen Wassersportvereinigung mit anschließendem Neubau eines Wohngebäudes in räumlicher Nähe oder der Wiederaufbau ehemaliger Gebäude, nicht durchgeführt werden kann. Zur planerischen Bewältigung solcher Übergangslagen zwischen Siedlungssplittern und Bereichen mit organischen Siedlungsansätzen, hat der Gesetzgeber Städten und Gemeinden das Instrument der Außenbereichssatzung an die Hand gegeben. Damit wird dem Bedürfnis Rechnung getragen, den von solchen Siedlungsansätzen ausgehenden Siedlungsdruck in geordnete städtebauliche Bahnen zu lenken.
Die Gemeinde Wittmoldt macht für die bebauten Bereiche des Gutshofes von dieser Möglichkeit Gebrauch. Die Tatbestandsvoraussetzung, wonach das Gebiet nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sein darf, ist erfüllt. Eine Umnutzung der landwirtschaftlichen Gebäude hat - genau genommen - durch die momentan geschehene Nutzung der Gebäude für kulturelle und touristische Zwecke bereits stattgefunden. Die zweite Tatbestandsvoraussetzung, es müsse Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden sein, liegt ebenfalls vor. Nach der Rechtsprechung genügt für eine Außenbereichssatzung eine aus wenigen Häusern bestehende Bebauung, wobei zum Teil drei, zum Teil vier Wohnhäuser als untere Grenze genannt werden. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Es befinden sich innerhalb des Plangebietes vier Gebäude, die zum Dauerwohnen genutzt werden.
Zudem muss die Außenbereichssatzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein und darf zu keinen neuen städtebaulichen Konflikten führen. Auch diese Voraussetzung liegt vor. Das Satzungsgebiet ist bereits bebaut und mit der hiesigen Satzung in seinen Entwicklungsmöglichkeiten klar eingegrenzt. Die planungsrechtliche Zulässigkeit wird maßvoll und außenbereichs-verträglich erweitert.
Als vierte Voraussetzung darf die Satzung nicht ein UVP-pflichtigen Vorhaben zulassen und es dürfen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 b BauGB genannten Schutzgüter bestehen. Zudem müssen die in § 50 Satz 1 BImSchG genannten Planungsvorgaben eingehalten werden. Auch diese genannten Voraussetzungen werden erfüllt. Die geplanten Vorhaben fallen nicht in die Anlage 1 zum UVPG 'Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben'. Schutzgüter sind ebenfalls nicht betroffen.
Durch den Wiederaufbau bereits ursprünglich vorhandener Gebäude und den Ersatz eines Gebäudes durch ein Wohngebäude in räumlicher Nähe findet keine Erweiterung der bestehenden Splittersiedlung statt. Der vorhandene, locker bebaute und historisch gewachsene Siedlungszusammenhang im Außenbereich wird durch die geplanten Vorhaben lediglich verdichtet. Die weitere Verfestigung einer Splittersiedlung ist nicht im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu beanstanden, wenn eine zwar unerwünschte, aber bereits verfestigte Splittersiedlung vorhanden ist und das Hinzutreten einer weiteren baulichen Anlage zu einer weiteren Verfestigung nichts mehr "beitragen" kann (vgl. BVerwG - Urteil 4 B 45.10 vom 10.11.2010). Nach der Rechtsprechung des BVerwG kann die Auffüllung einer Lücke innerhalb einer Splittersiedlung ausnahmsweise dann nicht zu missbilligen sein, wenn das Vorhaben sich der vorhandenen Siedlungsstruktur quantitativ unterordnet und keine weitreichende oder eine nicht übersehbare Vorbildwirkung hervorruft (vgl. BVerwG - Urteil 4 C 13.97 vom 27.08.1998 und BVerwG - Urteil 4 B 23.04 vom 24.06.2004). Der Umfang der baulichen Verdichtung der vorhandenen Splittersiedlung ordnet sich dem Bestand unter und ruft keine weitreichende Vorbildwirkung hervor, da vorwiegend ehemalige Gebäude wieder aufgebaut werden sollen und ein Gebäude der ansässigen Wassersportvereinigung durch ein Wohngebäude im räumlicher Nähe unter Beachtung des erforderlichen 50 m breiten Gewässerschutzstreifens und des 30 m breiten Waldabstandsstreifens ersetzt werden soll. Die Außenbereichssatzung ist klar abgrenzbar. Aufgrund der räumlichen Begrenzung des Außenbereichs ist genau feststellbar, dass nur in verlässlich eingrenzender Weise weitere Bauten hinzutreten werden.
Die Aufstellung der Satzung darf nicht dazu führen, dass die Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten ist. "Zu befürchten" im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 7 und § 35 Abs. 6 Satz 1 ist die Entstehung, Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung nur, wenn das Vorhaben zu einer "unerwünschten Splittersiedlung" führt, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar vollzogen wird (vgl. BVerwG - Urteil 4 C 95.65 vom 26.05.1967 und BVerwG - Urteil 4 C 37.75 vom 03.06.1977). Dies ist im Geltungsbereich der Außenbereichssatzung nicht der Fall. Es findet weder eine Erweiterung der Splittersiedlung noch eine Zersiedelung durch die klar abgrenzbaren bebauten Bereiche statt, noch ist diese zu befürchten. Zwischen den bebauten Bereichen ist ein siedlungsstruktureller Zusammenhang zu erkennen, der optisch verbindend wirkt. Dieser weist zwar größere Freiflächen auf, diese sind aber auf die historischen Besonderheiten zurückzuführen. Aufgrund der Lage auf einer schmalen Halbinsel hat sich das Gut baulich eher in die Länge entwickelt und nicht, wie es sonst bei Gutshöfen üblich ist, um das Herrenhaus. Ein Bebauungszusammenhang ist unter Beachtung der historischen Entstehung und der funktionalen Verbindung der einzelnen Gebäude gegeben, der den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt. Die Freiflächen sind baulich bereits vorgeprägt und das Resultat einer für eine Splittersiedlung im Außenbereich und einer Gutsanlage typischen, offenen, lockeren, aber abgrenzungsfähigen Bebauungsstruktur.
Die Außenbereichssatzung soll Klarheit schaffen über bauliche Entwicklungs-möglichkeiten auf der Gutsanlage Wittmoldt auf der Grundlage des § 35 BauGB. Sie zielt ab auf den Umgang mit Entwicklungsmöglichkeiten aus dem Bestand und kleinteiliger Lückenschließung auf der Grundlage einer einheitlichen Rechtsanwendung. Es besteht der Anspruch, in Zukunft und mit Hilfe der Satzung auf Bauverlangen kurzfristig mit einer planungsrechtlich sicheren Beurteilung reagieren zu können. Zudem hat die Gemeinde den Wunsch, dass Entscheidungen über Bauanfragen nicht den unterschiedlichen Würdigungen der Einzelfälle, sondern einer vereinbarten Leitlinie folgen, die innerhalb der Gemeinde baurechtlich abgestimmt ist. Folge für den Gutshof Wittmoldt ist, dass ihre städtebauliche Entwicklung mit der durch die Außenbereichssatzung begünstigten Lückenschließung abgeschlossen sein wird.