5.4 Zentrum
Als Zentrum wird jener Bereich innerhalb einer Gemeinde bezeichnet, auf den sich die räumliche Struktur bezieht. Dieser Bereich hebt sich in Gestalt und Bedeutung dort hervor, wo sich der soziale, ökonomische und kulturelle Zustand der Gesellschaft widerspiegelt. Zentren sind Märkte, Angebote an Waren, Dienstleistungen und Unterhaltung, deren Umfang, Diversifikation und Qualität sich an den Bedürfnissen und der Nachfrage orientieren und gleichzeitig Impulse für Neues geben. Zentren sind ebenfalls Orte besonderer Ereignisse, spontaner und organisierter Aktivitäten, "wo man etwas erleben kann?, mit eigenem Flair, wo Alltag und Feiertag zusammenfließen. Sie sind Schnittpunkte von Öffentlichkeit, in denen sich die Verschiedenheit der Ortsteile und Schichten zum Gemeinsamen verknüpft. Zentren sind imageprägend und können dazu einladen, sich mit der Gemeinde als Aufenthalts- und Wohnort zu identifizieren. Sie sollten "Gesamtkunstwerke? sein, in denen die nützlichen und schönen Dinge miteinander verschmelzen und sich gegenseitig verstärken. Es sollte dabei auf einen funktionalen Austausch der Nutzungen und eine im Tagesverlauf möglichst durchgängige Inanspruchnahme hingewirkt werden.
Aus städtebaulicher Sicht und aus sozialen Gründen ist der traditionellen Zentrumsstruktur mit Zuordnung der publikumsorientierten Einrichtungen in einem Raumgefüge von Straßen, Wegen und Plätzen ? in Kombination mit Wohnungen und Arbeitsplätzen ? der Vorzug vor monostrukturellen Zentren zu geben. Diese Konzeption bietet die besten Möglichkeiten, um in Funktion, Gestaltung und Atmosphäre ein leistungsfähiges, lebendiges und an Erlebnissen reiches Zentrum zu schaffen, das möglichst flexibel auf Veränderungen reagieren kann und mit seiner Umgebung räumlich, funktionell und gestalterisch in enger Verbindung steht.
In der Gemeinde Barsbüttel wird zwischen dem Zentrum als Handelsstandort sowie Mittelpunkt zentraler Funktionen und den Ortsmitten als gesellschaftlichen "Treffpunkten? unterschieden. Ein Zentrum im eigentlichen Sinne wird nur im Ortsteil Barsbüttel definiert. Hier konzentrieren sich Einkaufsmöglichkeiten, die Verwaltung sowie kulturelle und Bildungseinrichtungen. Gesellschaftliche Treffpunkte können die Feuerwehr, ein Dorfgemeinschafthaus, Spiel- und Sportflächen oder vergleichbare Einrichtungen in kleineren Ortschaften darstellen. Für jeden der drei dörflich geprägten Ortsteile Willinghusen, Stemwarde und Stellau wird eine Ortsmitte als gesellschaftlicher Treffpunkt lokalisiert und in der Planzeichnung dargestellt.
Die Ausprägung sozialer und wirtschaftlicher Daten in der Gemeinde Barsbüttel, wie die Verteilung der Einkommensgruppen und die durchschnittliche Kaufkraft, liegen ebenso wie der Anteil an Akademikern und die Erwerbstätigenquote weitgehend auf dem Durchschnittsniveau aller Städte und Gemeinden zwischen 5.000 bis 100.000 Einwohner.
Ausgangssituation
Aus dem Zusammenschluss der Orte Barsbüttel, Stellau, Stemwarde und Willinghusen im Jahre 1974 entstand die Gemeinde Barsbüttel. Als Stadtrandkern II. Ordnung nimmt sie zentralörtliche Funktionen wahr. Die öffentlichen Einrichtungen befinden sich größtenteils in Barsbüttel-Ort. Die sozialen Infrastrukturen (Kitas, Schulen, Bürgerhaus, Sportanlagen, Spielplätze, Feuerwehren, Jugendzentrum usw.) gelten als Grundeinrichtungen einer Gemeinde sowie als weiche Qualitäts-Faktoren für die Wohnortwahl. Das Bildungs- und Gesundheitssystem, Dienstleistungen wie Kinderbetreuung sowie kulturelle Einrichtungen beeinflussen die Qualität und Attraktivität des Wohnortes.
In der nachfolgenden Karte sind die vorhandenen Einzelhandels- und Gastronomie-Standorte (violett) sowie die Einrichtungen der öffentlichen sozialen Infrastruktur (pink) in der Gemeinde Barsbüttel schematisch dargestellt. Das übrige Siedlungsgebiet ist grau hinterlegt. Nicht dargestellt sind Sporteinrichtungen, Seniorenwohnanlagen, Mischgebiete und Sondergebiete für den Einzelhandel. Diese Karte ist als Anlage 15 beigefügt.
Barsbüttel-Ort
Aus dem alten Bauerndorf Barsbüttel an der Hauptstraße zwischen Dicker Busch und Stiefenhoferplatz und der Straßenrandbebauung an der Willinghusener Landstraße entwickelte sich der zentrale Bereich mit Rathaus und Einzelhandelsstrukturen. Der Wochenmarkt in Barsbüttel sichert die Versorgung mit frischen Lebensmitteln aus der Region in hoher Qualität. Ein gewachsener Ortskern im eigentlichen Sinne fehlt - Barsbüttel ist diesbezüglich bis heute ein Straßendorf. Der Stiefenhoferplatz, der als Marktplatz bezeichnet werden kann, ist derzeit kaum entwicklungsfähig - die Lage hinter dem Rathaus sowie die Einfassung durch die umgebenden Gebäude und seine geringe Größe hemmen bereits seit Jahren eine nachfragegerechte Entwicklung (Ansiedlung genügend großer Handelsflächen sowie einer ausreichenden Anzahl von Stellplätzen). Entlang der Hauptstraße, zwischen dem Stiefenhoferplatz und der Straße Am AKKU konzentrieren sich Supermärkte, Restaurants, Dienstleister usw. Die Läden sind in den Erdgeschossbereichen untergebracht, in den Stockwerken darüber befinden sich Arztpraxen, Büros oder Wohnungen. Das Angebot an Nahversorgungseinrichtungen deckt den Bedarf der Barsbütteler Bevölkerung nicht, die Kaufkraftbindungsquote liegt bei lediglich 31 % für den periodischen Bedarf. Dies führt dazu, dass viele Barsbütteler in umliegende Nahversorgungszentren ausweichen und dort den Großteil ihrer Einkäufe erledigen. Die Barsbütteler Geschäfte leiden darunter.
Die Hauptstraße kreuzend, wurden Richtung Norden entlang des Soltausredder und Richtung Süden entlang der Straße Am AKKU zentrale Funktionen des Gemeinbedarfs etabliert. Weitere Stärkung soll der Bereich am südlichen Ende dieser Achse durch neue soziale und öffentliche Einrichtungen sowie ein Nahversorgungszentrum und einen öffentlichen Raum mit Aufenthaltscharakter erhalten. Die Gemeinde strebt damit die Etablierung eines neuen Zentrums mit dem Effekt einer deutlichen Erhöhung der Kaufkraftbindungsquote auf ca. 65 % für den periodischen Bedarf an. Eine solche Quote ist im Sinne der Funktion Barsbüttels als Stadtrandkern II. Ordnung als dann immer noch gering zu betrachten.
Willinghusen
Willinghusen ist der größte der drei dörflich geprägten Ortsteile Barsbüttels. Der Ortsteil ist gekennzeichnet durch einen kleinen Dorfgebietskern und mehrere Wohngebiete aus unterschiedlichen Dekaden seit dem zweiten Weltkrieg. Willinghusen weist mehrere Gemeinbedarfseinrichtungen auf: eine Schule, einen Kindergarten, die freiwillige Feuerwehr, eine Kirche und eine Seniorenpflegeeinrichtung. Diese stellen die Treffpunkte dar. Zudem weist Willinghusen einen "Tante-Emma-Laden? und eine kleine Bäckerei als Nahversorgungseinrichtungen auf.
Stemwarde
Stemwarde ist ein überwiegend historisch gewachsenes Dorf landwirtschaftlicher Prägung mit kleineren Erweiterungen durch Einfamilienhäuser. Im Ort befinden sich ebenfalls drei Gemeinbedarfseinrichtungen: die freiwillige Feuerwehr, ein Hofladen und das Dorfgemeinschaftshaus als Treffpunkte für die Bewohner.
Stellau
Stellau ist ein überwiegend historisch gewachsenes Dorf landwirtschaftlicher Prägung mit einer großen Erweiterung durch ein Wohngebiet. Im Ort befinden sich zwei Einrichtungen des Gemeinbedarfs: die freiwillige Feuerwehr, ein Kindergarten sowie eine Gaststätte als Treffpunkte für die Bewohner. Der Dorfanger kann ebenfalls als Treffpunkt charakterisiert werden.
Zielvorgaben - Konzept barsbüttel übermorgen
Die in der Urfassung des FNP von 1977 formulierten Ziele werden im FNP 2010 barsbüttel übermorgen nur teilweise weiterverfolgt. Es war 1977 bspw. geplant, die wohnungsnahe Versorgung entlang nahezu der gesamten Hauptstraße im Ortsteil Barsbüttel zu entwickeln. Dies ist geschehen, zukünftig wird sich der Handelsschwerpunkt jedoch vom Stiefenhoferplatz zum geplanten Nahversorgungszentrum "Am AKKU? verlagern. Ein weiteres entwickeln untergeordneter Ladengruppen im Osten und Westen des Ortsteiles wird nicht als Ziel im FNP weiterverfolgt. Dezentrale, kleine Einzelhandelsgeschäfte ("Tante-Emma-Laden?) werden auf FNP-Ebene nicht behandelt. Die 1977 gesicherte Erweiterungsfläche südlich des bestehenden Friedhofs wird zur Flächenbevorratung übernommen.
Im FNP wird der zentrale Bereich zwischen Stiefenhoferplatz und dem neu geplanten Nahversorgungszentrum Am AKKU, in dem sich die Einrichtungen für Handel und Nahversorgung konzentrieren sollen, als Kerngebiet dargestellt. Diese spezielle Ausweisung drückt den Willen der Gemeinde aus, diese Einrichtungen zu konzentrieren. Zusätzlich wird dieser Bereich als besonders zu gestaltender Straßenraum definiert, um langfristig die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und somit das Handelszentrum zu stärken. Es ist gewünscht, dass angrenzend an die Kerngebietsbereiche verdichtete Wohnbauformen entstehen, die dem zukünftigen Bedarf an altersgerechten Wohnungen und Singlewohnungen entsprechen. Die enge Verzahnung von Wohnbebauung und Versorgungszentrum stellt eine gegenseitige Aufwertung der Standortbedingungen dar. Die Anwohner haben kurze Wege zum Einkaufen, was insbesondere für ältere Menschen wichtig ist. Das Nahversorgungszentrum wird ausreichend Kundschaft in fußläufiger Entfernung haben. Damit wird zudem zur Reduzierung des Pkw-Verkehrs innerhalb der Gemeinde Barsbüttel beigetragen. Gleichwohl ist der Standort des geplanten neuen Nahversorgungszentrums sehr gut über die südliche Ortsumgehung angebunden. Es ist das Ziel, Verkehrsströme noch stärker aus der Ortsmitte (Hauptstraße und Willinghusener Landstraße) auf die Ortsumgehung zu verlagern. Die im Ortsteil Stellau im B-Plan festgesetzte Festwiese soll auf FNP-Ebene nicht weiterverfolgt werden.
Die geplante räumliche Verknüpfung und Konzentration der zentralen Funktionen in der Gemeinde Barsbüttel verfolgt das Ziel, dem Leitbild der "Stadt der kurzen Wege? zu entsprechen. Es wird davon ausgegangen, dass Menschen in einem Radius von 600 Meter um Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs eher zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Dies setzt jedoch voraus, dass die Kunden alle benötigten Waren an zentraler Stelle vorfinden. Die Gemeinde Barsbüttel etabliert daher ein umfassendes Angebot an Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs. In Verbindung mit neuen Baugebieten in einem 600m-Umkreis um das geplante Nahversorgungszentrum verfolgt die Gemeinde das Ziel, einen ihrer Funktion als Stadtrandkern II. Ordnung angemessenen Grad an Einzelhandelszentralität zu erreichen. Auf zukünftige Entwicklungen der Bedarfe (Anstieg oder Rückgang) sollte hierbei flexibel reagiert werden können, um die Attraktivität langfristig zu gewährleisten.